Der Begriff Work-Life-Balance steht für einen Zustand, in dem Arbeit und Privatleben miteinander verbunden sind. Der Begriff Work-Life-Balance kommt aus dem Englischen: work (Arbeit), life (Leben), balance (Gleichgewicht).
Beruf, ggf. auch mehrere Berufe gleichzeitig, Familie, soziale Aktivitäten, Freizeit usw. werden im Zusammenhang mit der Verwendung des Begriffs Work-Life-Balance als verschiedene Lebensbereiche verstanden, die im Gleichgewicht gehalten werden sollten (Lebensbereichs-Balance) und sich möglichst nicht gegenseitig behindern (geringe Lebensbereichs-Konflikte) und idealerweise gegenseitig unterstützen (hohe Lebensbereichs-Förderung).
Der Begriff Work-Life-Balance (sowie Life-Domains-Balance) wird auch für das Bestreben verwendet, einen solchen Gleichgewichtszustand zu erreichen und zu erhalten. Was ein Gleichgewicht kennzeichnet, bleibt bei der Verwendung dieses Begriffs oft offen. Es kann z.B. als eine bestimmte Verteilung der eingesetzten Zeit interpretiert werden, um eine subjektiv ausgewogene Priorisierung der Lebensbereiche zu erreichen, d.h. mit der Verteilung der Zeit in beiden Lebensbereichen zufrieden zu sein. Sie wird auch oft als das Fehlen einer oder gegenseitiger negativer Einflüsse zwischen den Lebensbereichen (Lebensbereichskonflikte) verstanden, während positive gegenseitige Einflüsse (Lebensbereichserleichterung) bisher kaum berücksichtigt wurden.
Auch der Begriff Work-Life-Balance steht weitgehend für denselben Themenbereich wie das Konzept der Vereinbarkeit von Familie und Beruf; bei der Verwendung des englischsprachigen Begriffs Work-Life-Balance liegt der Schwerpunkt jedoch häufig auf der individuellen Entscheidungsfindung und Selbstorganisation einerseits und dem Abgleich zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen andererseits, weniger auf den gesellschaftlichen Bedingungen, die das Erreichen einer Balance erleichtern oder erschweren.
Das Erreichen der Work-Life-Balance wird auch als Aufgabe der Ressourcenverteilung gesehen. Zeit, Geld und Entscheidungsspielraum werden hier am häufigsten genannt, ebenso wie persönliche Eigenschaften im Sinne von physischen, psychischen, emotionalen und sozialen Ressourcen.
Beim Streben nach Ausgewogenheit sind sowohl individuelle Einstellungen und Ziele als auch betriebliche und gesellschaftliche Bedingungen wichtig. Im Zusammenhang mit dem Wandel der Geschlechterrollen und der demografischen Entwicklung im 20. und 21. Jahrhundert hat sich die Schaffung von Bedingungen, die auch Eltern und pflegenden Angehörigen die Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen, zu einem zentralen gesellschaftlichen und politischen Thema entwickelt, insbesondere in Europa. In den USA und Großbritannien herrschen die Begriffe Work-Family-Balance oder Work-Life-Balance vor, während im deutschsprachigen Raum die Bedingungen für das Erreichen einer Balance, insbesondere die gesellschaftlichen und politischen Voraussetzungen dafür, meist unter dem Begriff Vereinbarkeit diskutiert werden.
Work-Life-Balance als individuelles Ziel
Das Thema Work-Life-Balance hat für den Einzelnen je nach Alter und Lebenssituation unterschiedliche Schwerpunkte, auch abhängig von der individuellen Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens und der eigenen Wahrnehmung von Glück. Ein großer Teil der Erwerbstätigen möchte Zeit mit den eigenen Kindern verbringen oder hat sich die Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen zur Aufgabe gemacht. Für andere geht es um den Ausgleich zur Arbeit durch Freizeit und Sport, Engagement im sozialen, kulturellen oder politischen Bereich oder die Möglichkeit eines Sabbaticals als längere berufliche Auszeit, die Gewährleistung von Erholungsphasen, Altersteilzeit oder Zeit für die Pflege.
Manche Menschen schränken die Zeit, die sie für ihre Erwerbstätigkeit aufwenden, bewusst ein, um mehr Zeit für soziales und persönliches Engagement zu haben. Nach dem Vorbild des einfachen Lebensstils kann die Einschränkung des persönlichen Konsums eine größere Unabhängigkeit von der Erwerbsarbeit ermöglichen.
Deutliche Unterschiede in der Einstellung zur Work-Life-Balance wurden zwischen der Babyboomer-Generation, der Generation X und der Generation Y festgestellt. Vereinfacht gesagt, haben es die Babyboomer mit einem Spagat zwischen Arbeit und Familie zu tun, bei dem die Arbeit eher als Belastung empfunden wird und die Freizeit kompensiert werden muss, um eine Lebensbalance zu erreichen. Abwechselnde Phasen der Erwerbstätigkeit und Phasen der Kindererziehung oder außerberufliche Aktivitäten sind typisch für die Generation X. Die Generation Y hingegen legte weniger Wert auf eine strikte Trennung von Arbeit und Privatleben. Ihr Ziel war es vor allem, die eigene Zeit sinnvoll und nutzbringend einzusetzen, so dass ein Lebensbereich nicht in einem anderen kompensiert werden muss.
Ein Gleichgewicht zwischen den Lebensbereichen ist insofern ein dynamisches Gleichgewicht, als sich die persönlichen Lebensbedingungen und die äußeren Bedingungen immer wieder ändern können, andererseits ist für ein Gleichgewicht im Sinne einer Work-Life-Balance auch Nachhaltigkeit notwendig: Von einer gelungenen Balance kann insbesondere dann nicht die Rede sein, wenn eine Person kurz vor dem Burnout oder Boreout steht, dem Gefühl der krankmachenden Langeweile.
Einige betonen, dass es bei der Work-Life-Balance darum geht, die Bedeutung der Arbeit in ein angemessenes Verhältnis zum Leben als Ganzes zu setzen.
Die Frage der Work-Life-Balance kann sich auch für Menschen stellen, die nicht erwerbstätig sind, zumal die Arbeit weitgehend die Teilhabe an der Gesellschaft bestimmt. Junge Menschen stehen vor der Notwendigkeit, ins Berufsleben einzusteigen oder eine Ausbildung bzw. ein Studium zu beginnen; für andere Nichterwerbstätige stellt sich z. B. bei oder nach einer Unterbrechung für die Familie oder aufgrund persönlicher Umstände die Frage nach dem Wiedereinstieg oder der Rückkehr ins Berufsleben. Auch in diesem Zusammenhang werden die steigende Arbeitslosigkeit in vielen westlichen Industriestaaten, vor allem im Hinblick auf die Jugendarbeitslosigkeit, und die zunehmende Prekarität als gesellschaftlich problematisch angesehen.
Für Rentnerinnen und Rentner, deren Rente ausreicht, um ihren Lebensunterhalt ohne zusätzliches Einkommen zu sichern, stellt sich die Frage nach der Work-Life-Balance nicht als Gleichgewicht in Bezug auf die Erwerbsarbeit, sondern wenn Arbeit (work) allgemeiner als Arbeit im Sinne einer zielgerichteten und sinnvollen Tätigkeit interpretiert wird, stellt sich durchaus die Frage nach dem individuellen Einsatz der eigenen Kräfte. Ein großer Teil der Rentnerinnen und Rentner engagiert sich in der Freiwilligenarbeit oder in der Betreuung und Erziehung ihrer Enkelkinder. Bei Paaren mit einem sehr großen Altersunterschied kommt es vor, dass der Vater bei der Geburt eines Kindes bereits im Ruhestand ist oder kurz davor steht und sich deshalb stärker in die Kindererziehung einbringt als andere Väter. Umgekehrt kann es sein, dass Berufstätige Zeit brauchen, um ihre Enkelkinder großzuziehen, wenn eines ihrer Kinder in sehr jungem Alter Mutter oder Vater wird.
Wechselwirkungen zwischen Lebensbereichen
In einer Sichtweise, die auch als Segmentierungsmodell bekannt ist, werden die verschiedenen Lebensbereiche als separate und weitgehend unabhängige Teile betrachtet. Andere Modelle berücksichtigen die positiven und negativen Wechselwirkungen zwischen den Lebensbereichen. Wenn zum Beispiel unterschiedliche Rollenerwartungen im Beruf und im Privatleben bestehen und unterschiedliche soziale Rollen eingenommen werden, kann ein Rollenkonflikt entstehen oder Rollendistanz erforderlich sein. Andere Modelle zeigen, dass Defizite in einem Bereich durch den anderen ausgeglichen werden können (Kompensationsmodell) oder dass Ressourcen aus einem Lebensbereich abgezogen werden (Ressourcenabflussmodell). Wenn die Grenzen zwischen Erwerbsarbeit und anderen Lebensbereichen verschwimmen, spricht man von der Entgrenzung der Arbeit.
Work-Life-Balance-Maßnahmen in Unternehmen
Für die Personalpolitik von Unternehmen und Organisationen kann eine Orientierung an Work-Life-Balance und Diversity einen Wettbewerbsvorteil auf dem Arbeitsmarkt darstellen: Die Ermöglichung von Work-Life-Balance und die Positionierung als familienfreundliches Unternehmen sind zum Beispiel Vorteile bei der Rekrutierung und Motivation von Mitarbeitern und dienen auch dazu, die Fluktuation zu verringern.
Während Arlie Russell Hochschild in ihrem Buch Time bind feststellte, dass eine familienfreundliche Arbeitsorganisation in den Vereinigten Staaten nicht weit verbreitet ist, stellte Elisabeth von Thadden in einem Artikel der Zeit aus dem Jahr 2001 fest, dass es in Europa „eine bemerkenswerte Gegenbewegung zur vollen Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt gibt. Eine Gegenbewegung, die darauf abzielt, den Einzelnen nicht nur als Funktionär im Unternehmen zu respektieren, sondern als Person mit Verantwortung für eine Familie und die eigene psychische Gesundheit“.
Ein Angebot von flexiblen Arbeitsmodellen wie „vollzeitnahe Teilzeitarbeit“ für alle Beschäftigten gleichermaßen und nicht nur für Eltern kleiner Kinder vermeidet eine Neiddebatte im Unternehmen.
Betriebliche Gesundheitsförderung
In den letzten Jahren des Arbeitslebens stehen die Erhaltung von Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Motivation sowie die Vorbereitung auf den Ruhestand im Fokus von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer, die öffentliche Hand und z. B. die Krankenkassen können bei Arbeitsunfähigkeit, Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit u. a. finanzielle Einbußen haben.
Auch der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beschäftigten: Er muss für ihr Wohlbefinden sorgen. Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements konzentrieren sich auf Arbeitssicherheit, Stressabbau, Gesundheitsprophylaxe, Suchtprävention und die Vermeidung von Burnout. Angebote für eine ausgewogene Ernährung, z. B. in Betriebskantinen, und betrieblich geförderte Sportaktivitäten zur Vorbeugung von Bewegungsmangel sind Teil der betrieblichen Gesundheitsvorsorge.
Marktkräfte
Da das Leitbild eines Jobs fürs Leben nicht mehr vorherrscht, treten die Kräfte des Arbeitsmarktes deutlich hervor. Auf der Arbeitgeberseite tragen sichtbare Bedingungen der Work-Life-Balance zur Attraktivität des Arbeitgebers bei, auf der Arbeitnehmerseite besteht der Wunsch, die eigene Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten und gleichzeitig die eigenen Lebenspläne zu verwirklichen.
Manche Arbeitnehmer/innen arbeiten länger als vertraglich vereinbart und fordern eine bessere Work-Life-Balance; eine kleine, aber wachsende Minderheit von Arbeitnehmer/innen, die sich ihrer Wirkung als talentierte Individuen bewusst ist, wechselt zu einem Arbeitgeber in der Erwartung, ihren Wunsch nach einem erfüllten Leben außerhalb der Arbeitszeit verwirklichen zu können. Werden Arbeitnehmer/innen jedoch respektiert, auch in ihren Wünschen nach individueller Gestaltung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen, können sich auf dieser Basis Loyalität und Motivation der Beschäftigten entwickeln.
Im Wettbewerb um Fachkräfte haben Arbeitgeber einen Anreiz, auf Unterschiede in der Lebenssituation und den Bedürfnissen der Beschäftigten einzugehen und ein breiteres Spektrum an Work-Life-Balance-Optionen anzubieten. Dazu ist es erforderlich, nicht mehr vom Muster des „normalen“ Arbeitnehmers auszugehen, der in Vollzeit arbeitet, jederzeit bereit ist, Überstunden zu machen, wenn es der Ehrgeiz zulässt, und sein Privatleben an die Gegebenheiten des Jobs anpasst. Modelle der Arbeitsorganisation wie Telearbeit und flexible Arbeitszeiten können den Beschäftigten mehr örtliche und zeitliche Autonomie ermöglichen. Gleichzeitig müssen gegenläufige Interessen der Arbeitgeber an flexiblen, auftrags- und dienstleistungsorientierten Einsätzen ihrer Beschäftigten berücksichtigt werden. Entsprechende Vereinbarungen sind in den Arbeits- und Tarifverträgen festgeschrieben. Insbesondere betriebliche oder betriebsnahe Angebote zur Kinderbetreuung, wie Betriebskrippen oder Kindergärten, dienen der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Unterstützung der Beschäftigten bei der Kinderbetreuung und der Pflege älterer Menschen spielt dabei eine Rolle. In einigen Fällen bieten größere Unternehmen Hilfe bei der Vermittlung von Angeboten aus der Work-Life-Service-Branche an, zum Beispiel auf der Grundlage eines Vertrags zwischen dem Arbeitgeber und der Vermittlungsagentur über die Übernahme der Vermittlungsgebühr.
Arbeitsplatzsicherheit und Bezahlung sind ebenfalls wichtige Faktoren für die Work-Life-Balance, da die individuelle Lebensplanung und insbesondere die Familienplanung davon beeinflusst werden und das subjektive Gefühl der materiellen Sicherheit auch Auswirkungen auf die Psyche hat. Entsprechende Kompromissmodelle werden im Konzept der Flexicurity aufgestellt.
Initiativen zur Humanisierung der Arbeitswelt sollen auch dazu dienen, ein besseres Gleichgewicht zu erreichen, indem mehr Raum für die Persönlichkeitsentwicklung und Selbstverwirklichung innerhalb der Arbeit geschaffen wird.
Rolle des Managements
Die Unternehmenskultur, vor allem aber der Vorgesetzte, spielt eine wichtige Rolle bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. In einigen Unternehmen werden Teilzeitbeschäftigte bei Gehaltserhöhungen und Beförderungen nicht ausreichend berücksichtigt, und diejenigen, die andere Verpflichtungen haben oder denen lange Arbeitszeiten zu viel sind, werden als weniger motiviert wahrgenommen.
In manchen Unternehmen erlauben Vorgesetzte ihren Mitarbeitern eine Work-Life-Balance, arbeiten aber selbst Überstunden, wenn es nötig ist, und sind damit selbst am wenigsten geschützt. Gleichzeitig sind Vorgesetzte Vorbilder, deren eigenes Verhalten einen wichtigen Impuls für eine Veränderung der Unternehmenskultur darstellen kann. Wenn sich Vorgesetzte klar und deutlich für ihre eigene Work-Life-Balance und die ihrer Beschäftigten einsetzen, fällt es ihren Beschäftigten leichter, die Flexibilisierungsangebote des Unternehmens zu nutzen, ohne Karrierenachteile befürchten zu müssen. Gleichzeitig spielen Vorgesetzte eine wichtige Rolle bei der Zuteilung von Mitarbeiterressourcen. Wenn zusätzliche Tätigkeiten oder Projekte das angestrebte Arbeitspensum überschreiten, liegt es an der Führungskraft, die betreffenden Tätigkeiten auf dieser Grundlage abzulehnen. Wie leicht es dem Vorgesetzten fällt, dies angesichts des Termindrucks zu tun und dies einer höheren Ebene oder den Interessenvertretern zu vermitteln, hängt von den Kompetenzen der Führungskraft, aber auch von der Unternehmenskultur insgesamt ab.
Faktoren, die die Work-Life-Situation beeinflussen
Es gibt keine einheitlichen Methoden zur Messung der individuellen Work-Life-Balance. Studien zur Work-Life-Balance erfordern daher eine eigene Methode zur Auswertung der Ergebnisse.
Der Grad der Zufriedenheit mit der eigenen Work-Life-Situation hängt von vielen Faktoren ab, z. B. von der Arbeitsorganisation, Alter, Geschlecht, Art der Tätigkeit und Branche.
Art der Tätigkeit und Branche
Nach den Empfehlungen der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound), die auf den Ergebnissen der vierten europäischen Umfrage zu den Arbeitsbedingungen basieren, die 2005 von Eurofound durchgeführt wurde, können Formen der Arbeitsorganisation nach dem Prinzip des „selbstbestimmten Lernens“ (discretionary learning) gefördert werden, die zu einer besseren Work-Life-Balance führen als die Organisationsform der „schlanken Produktion“ und die tayloristische Organisationsform. [Die Organisationsform des „selbstbestimmten Lernens“ (basierend auf 2005) ist z.B. in der Dienstleistungsbranche besonders ausgeprägt und vor allem bei Führungskräften, Selbstständigen und Fachkräften sowie vor allem bei älteren Arbeitnehmern verbreitet.
Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2007 unter rund 250 Managern, davon 80 Prozent aus der obersten Führungsebene, gab es im Baugewerbe, in der Automobilindustrie und in Unternehmensberatungen größere Probleme mit der Work-Life-Balance als in der Medienbranche und in der Elektrotechnik, während es in der Pharmaindustrie und in der Versicherungsbranche weniger Probleme gab. Vor allem im höheren Management hängt die Vereinbarkeit in erster Linie von der Person selbst ab – von ihrem Zeit- und Selbstmanagement, ihrer Bereitschaft zu delegieren, ihrer Stressbewältigung und möglichem Medikamenten- oder Drogenmissbrauch -, in zweiter Linie von der Unternehmenskultur und in dritter Linie von der Unterstützung durch den Lebenspartner. Dabei ist zu beachten, dass es sich nicht unbedingt um kausale Zusammenhänge handelt und dass sich die Umfrage auf eine Gruppe von Personen beschränkte, die es bereits ins Management geschafft hatten.
Geschlecht
Yvonne Lott, Arbeitszeitexpertin bei der Hans-Böckler-Stiftung, untersuchte die Zusammenhänge zwischen Arbeitszeitmodellen, Verhalten und Arbeitsbelastung von Frauen und Männern. Dazu wurden die Angaben von gut 10.000 Personen aus der Haushaltsbefragung des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) aus den Jahren 2011 und 2012 ausgewertet. Dabei zeigten sich Unterschiede zwischen den Geschlechtern.
Abschließend äußerte sich der Forscher „äußerst kritisch“ über die weitere Deregulierung der Arbeitszeitregelungen, die von den Unternehmen oft gefordert wird. Neben den negativen Folgen für die Work-Life-Balance verschärfen Modelle wie die vollständige Arbeitszeitautonomie auch die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Die Forscherin sprach das „Risiko der Traditionalisierung von Partnerschaften“ an, weil eine Seite – wahrscheinlich meist die Frau – „dem anderen den Rücken freihalten“ muss.
Im Detail wurde festgestellt:
– Für Männer wirken sich selbstbestimmte, aber dennoch geregelte Arbeitszeiten (z.B. Gleitzeit) positiv auf die Work-Life-Balance aus.
– Bei völlig selbst bestimmten Arbeitszeiten fällt den Männern das Abschalten und Ausruhen am Abend viel schwerer als zu festen Zeiten. Yvonne Lott sieht den Grund dafür darin, „dass vor allem Männer dazu neigen, ohne vorgegebene Grenzen übermäßig lange zu arbeiten“. Frauen hingegen, die „in der Regel erfahrenere Grenzgängerinnen“ sind, nutzten ihre zeitliche Flexibilität, um Haus- und Betreuungsarbeit mit bezahlter Arbeit zu koordinieren, anstatt unzählige Überstunden zu machen.
– Vor allem Frauen stehen unter hohem psychischen Stress, wenn der Arbeitgeber die Arbeitszeiten kurzfristig und unvorhersehbar ändert. Eine solche Situation erschwert die Planung des Alltags erheblich, und das ist vor allem für Frauen ein Stressfaktor, weil sie „traditionell den größeren Teil der Haus-, Betreuungs- und Erziehungsarbeit übernehmen“.